Grabgestaltung und Pflege

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Das Gesamterscheinungsbild eines Friedhofes wird bestimmt durch die Aneinanderreihung der einzelnen Grabmale. Gleichförmige Grabmale nebeneinander führen zur Monotonie. Eine wünschenswerte Formenvielfalt soll aber auch nicht in Formenbeliebigkeit münden. Technische Möglichkeiten der Steinarbeiten erlauben beinahe jegliche denkbare Form: gekurvte Linien und abgeschrägte Kanten schaffen scheinbar moderne, aber inhaltslose und unruhige Asymmetrien. Modische Strömungen sind, weil relativ kurzlebig, für Grabmale ungeeignet, die über Jahrzehnte Bestand haben, man sieht sich schnell an ihnen satt. Der Rückgriff auf zeitlos-gültige Formen scheint weniger problematisch. Zu ihnen zählen die Stele, das Kreuz, die kubische Form, die liegende Grabplatte, der Namensstein und die Grabskulptur.


Die Stele

Stelen sind ihrem antiken Vorbild gemäß aufrecht- und freistehende Steine von schlanker, hoher Gestalt. Stelen können in besonderer Weise geeignet sein, zu dokumentieren, hier liegt ein Mensch bestattet, eine unverwechselbare Person. Stelen bekunden in ihrer aufrechten Gestalt die Mahnung, die Würde des Grabes nicht zu verletzen. Sie sind gestalterisch gut zu bewältigen und passen sich aufgrund ihrer relativ geringen Masse gut in die Umgebung ein. Ruft man sich in Erinnerung, daß Stelen häufig als Grenzsteine zwischen zwei Ländern verwendet wurden und werden (Grenzpfähle), kann in ihnen auch eine symbolische Grenzmarkierung zwischen Leben und Tod gesehen werden. Die Stele ist demzufolge eine Grabmalform, deren vielseitige und aussagekräftige Ikonographie besonders geschätzt wird.


Die kubische Form

Unter kubischen Grabmalformen (lat.: Kubus, der Würfel) versteht man solche, deren Querschnitt (annähernd) ein Quadrat bildet. Dies können würfelähnliche Grabsteine oder aus dem Grundmuster des Würfels entwickelte Formen bis hin zur hochaufragenden Stele sein. Die kubische Form fordert geradezu eine allseitige Bearbeitung heraus, da alle vier Seitenflächen etwa gleich groß sind. Diese Grabmalform eignet sich für ein- und mehrstellige Gräber, da an ihr sowohl die Mehrschichtigkeit und Vielseitigkeit eines Menschen als auch die Eigenart von bis zu vier Menschen zum Ausdruck gebracht werden können. Werden alle vier Seiten des Kubus bearbeitet, braucht das Grabmal genügend Freiraum um sich herum, um die Betrachtung aller Seiten zu ermöglichen.

Kubische Formen eignen sich auch für Urnengräber, weil dort die Grabmale sinnvollerweise in der Mitte der Grabfläche aufgestellt werden.

Mit der kubischen Form verwandt ist die Säule, deren Querschnitt einen Kreis beschreibt.


Das Kreuz

Das Kreuz ist (immer noch) das meist gebrauchte Symbol in der Grabmalgestaltung. Es kann symbolhaft jede Grabmalform zieren, es kann aber auch als Grundgestalt des Grabmals selbst verwendet werden. Aus der Tradition heraus greifen besonders Holz- und Metallgrabzeichen auf diese Form zurück; sie eignet sich aber in derselben Weise für Natusteine. Da das Kreuz das christliche Symbol schlechthin ist, sollte es nur aus Überzeugung gewählt werden.


Der sog. Breitstein

Von seiner Grundform her ist der Breitstein mit der Stele verwandt, seinem Namen entsprechend aber breiter als hoch. Er wird auf Friedhöfen nicht besonders gern gesehen, da seine Steinmasse und Ansichtsfläche verhältnismäßig groß sind. Wenn die Gräber dann noch sehr eng beieinander hegen, konkurrieren die steinernen Flächen zu sehr mit dem Naturcharakter des Friedhofes. Breitsteine neigen außerdem dazu, lediglich als Ansichtsflächen verstanden und bearbeitet zu werden, wodurch ihr Steincharakter verloren geht. Breitsteine sollten deshalb - wenn überhaupt - nur auf mehrstelligen Gräbern verwendet werden.


Liegende, ganzabdeckende Grabplatten und -Namenssteine

Die liegende Grabplatte besitzt eine lange Tradition, symbolisiert die liegende Gestalt des Toten und ist regional weit verbreitet. Sie wird heute vorzugsweise deshalb gewählt, um die Folgekosten für die gärtnerische Grabpflege zu minimieren. Wo solche Grabplatten vorherrschen und in einer Gräberreihe dicht an dicht hegen, stehen sie in einer unschönen Konkurrenz zum Gedanken des grünen Friedhofes. Auch aus ökologischen Gesichtspunkten steht man den ganzabdeckenden Grabplatten heute skeptisch gegenüber, da sie den Boden versiegeln.

Kleine liegende Grabmale, etwa in Form von Namenssteinen sind jedoch eine bedenkenswerte Alternative nicht zuletzt für Urnengräber. Sie sind auch dann wichtig, wenn auf einer alten Familiengrabstätte der Grabstein keine Beschriftung mehr zuläßt.


Die Grabmalplastik

Unter Grabmalplastik sind traditionell zunächst alle figürlichen, vorwiegend freiplastischen Denkmäler zu verstehen, die zumal in der Vergangenheit auf Friedhöfen sehr beliebt waren. Zu denken ist etwa an die ungezählten Engel, trauernden Frauen oder Jünglinge (Todesgenien) oder Christusfiguren. Sie wurden teils als künstlerische Einzelobjekte, mehr aber noch als serielle Produkte gefertigt. Sie sind heute kaum noch anzutreffen, prägen aber immer noch unsere romantische Vorstellung von idealen Friedhofszuständen. Heute meint Grabmalplastik aber auch die freie, künstlerische Form, die sich jeder Kategorisierung entzieht. Sie stellt an den Auftraggeber wie an den Ausführenden höchste Ansprüche, öffnet aber auch die größten Möglichkeiten zu einer individuellen Gestaltung.


Alternative Grabmalformen

Während der internationalen Gartenbauausstellung in Stuttgart 1994 waren erstmals in größerem Umfang ungewöhnliche, auch provokative Grabmale einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt worden. Teilweise gelangten sie anschließend ins Museum für Sepulkralkultur in Kassel. Auffällig an ihnen ist zunächst der Einsatz bislang unüblicher Materialien wie ungebrannten Lehm, Leinwand oder Bienenwachs, die aber gemäß dem Sprachgebrauch der Friedhofssatzungen zu den natürlichen Materialien zu zählen sind. Herkömmliche Werkstoffe wie Holz oder Stein kamen in völlig neuer Weise zum Einsatz. Der Werkstoff wird zur Grabmalgestaltung nicht mehr vorbereitet, sondern in der Weise verwendet, wie er in der Natur anzutreffen ist; z. B. Äste, Baumstamm etc. Fundstücke und dergleichen werden in neuer Weise zusammengestellt, so daß diese Arbeiten den Charakter einer Installation besitzen. Hier sind deutlich Strömungen der zeitgenössischen Kunst berücksichtigt und aufgenommen. Des weiteren ist zur Formensprache festzustellen, daß auf jede Darstellung von Motiven, Symbolen und Sinnbildern verzichtet wird. Die Abstraktion herrscht vor. Damit gewinnen Materialqualität und Bearbeitungsart an Bedeutung, werden in entscheidendem Maße zum eigenständigen Ausdrucksträger der Gestaltung. Man könnte vergleichend mit der Tendenz in der modernen Kunst von einer Autonomie der Ausdrucksmittel sprechen.

Zur Verdeutlichung dieser Intention sei ein Grabmal von J. Failmezger herausgegriffen. Ein maschinengeschnittener, geradlinig matter Steinkubus ist auf einer Seite eingeschnitten, ausgehöhlt, gewölbt und poliert. Dadurch wird die ursprüngliche Ruhe und Starre des Steinmales aufgebrochen; unter der glatten, unscheinbaren Oberfläche wird das Innere sichtbar, der Stein gewinnt Charakter und Schönheit. In den leichten Wölbungen fängt sich das Sonnenlicht: im Stein glitzert das Licht wie Sterne oder Schneeflocken. Die Konzeption und Wirkung dieses Grabmales beruht allein auf Formkontrasten von geraden zu wellenförmigen Linien, von ebenen zu gewölbten Flächen, von nicht polierten und polierten Flächen. Inhaltlich lassen sich die formalen Kontraste mit verschiedenen Assoziationen füllen: Enge und Freiheit, harte Schale und weicher Kern, Unnatur und Natur, Tod und Leben.

Nicht wenige dieser besonderen Grabmale wiesen Einschnitte bzw. Verletzungen auf, oder waren andererseits getragen vom Gedanken des Bergens und Schützens; manche zeugten von der Heftigkeit, Unmittelbarkeit, Direktheit oder auch zerstörerischen Kraft des Todes; wieder andere verkörperten eine Einheit von Leben und Natur, von Werden und Vergehen in einer höheren Sinndimension.

Die Akzeptanz innovativer Grabmalideen ist in der Bevölkerung naturgemäß noch gering, kollidieren diese doch mit traditionellen Sehgewohnheiten, andererseits kann ihnen eine Zukunftsperspektive nicht abgesprochen werden, wenn man an die Grabmalsprache von morgen denkt, die nur in zeitgemäßer Ausdrucksweise überleben wird. Als reine Kunstobjekte setzen Grabmale dieser Art noch einen hervorragenden Gestalter und einen aufgeschlossenen Auftraggeber voraus.

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